Virusinfektionen - die unsichtbare Bedrohung für Papageien

Die „gefährlichen fünf P“

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Ein großes Problem in der Ziervogelhaltung sind latent infizierte Tiere (angesteckte, aber nicht erkrankte Vögel). Einige Erreger können über Jahre ausgeschieden werden, ohne dass diese Vögel selbst erkranken. Papageien- und Sittichbestände werden vor allem von fünf Erkrankungen stark bedroht: erstens von der anzeigepflichtigen Psittakose (Chlamydieninfektion) und zweitens von den vier Viruserkrankungen Polyoma, PBFD, Pacheco und PDD.

Für Polyomavirusinfektionen sind Federveränderungen typisch. Bei Wellensittichen wurde die Krankheit unter dem Begriff „Französische Mauser“ bekannt. Polyomaviren können zu einer sehr hohen Nestlingssterblichkeit führen. Alttiere sind meist symptomlose Träger. Überleben die Vögel, wächst nach der nächsten Mauser in der Regel ein normales Gefieder.
Das klassische Bild der PBFD, das gekennzeichnet ist durch typische Federveränderungen sowie Veränderungen des Schnabelhorns, finden wir immer seltener. Jedoch wird das Immunsystem durch das Virus stark geschwächt. Deshalb sterben viele Vögel innerhalb von wenigen Jahren an Sekundärinfektionen, wenn sie nicht rechtzeitig entdeckt und behandelt werden. Oft werden Virusträger nur bei Routineuntersuchungen entdeckt. Der Erreger - ein Circovirus - hat die unangenehme Eigenschaft, sehr lange in der Außenwelt zu überleben und ist sehr resistent gegen die meisten Desinfektionsmittel.
Die Pacheco-Erkrankung zählt zu den potentiell verlustreichsten Erkrankungen überhaupt. Bei einem Ausbruch kann es passieren, dass innerhalb weniger Tage ein Großteil der Papageien und Sittiche verstirbt. Der Erreger ist ein Herpesvirus. Wie alle Herpesviren hat es die Eigenschaft, sich über mehrere Jahre unbemerkt im Körper verstecken zu können. Durch starke Stressfaktoren kann es jederzeit aktiviert werden. Gegen das Pacheco-Virus kann ein bestandsspezifischer Impfstoff eingesetzt werden.
Auch bei der Neuropathischen Drüsenmagenerkrankung (PDD) tritt das klassische Krankheitsbild (sehr guter Appetit, unverdaute Körner im Kot, Abmagerung) zunehmend in den Hintergrund. In letzter Zeit werden vermehrt Fälle mit absoluter Verweigerung der Futteraufnahme sowie Erbrechen und Durchfall beobachtet. Außerdem können neurologische Störungen unterschiedlichen Grades wie Zittern oder Koordinationsstörungen auftreten. Durch diese eher untypischen Symptome ist diese Erkrankung heute weniger deutlich von anderen Krankheiten unterscheidbar. Im Jahre 2008 wurde das aviäre Bornavirus als Erreger dieser Krankheit entdeckt und erst danach konnten geeignete Labortests entwickelt werden. Aus diesem Grund hat sich das Virus unbemerkt sehr stark verbreitet und stellt die aktuell wahrscheinlich größte virale Bedrohung für Papageien- und Sittichbestände dar. Der Nachweis einer Infektion gestaltet sich immer noch schwierig.
Aus heutiger Sicht sollten bei der Suche nach dem aviären Bornavirus immer Tupferproben von Kropf und Kloake (PCR) sowie Blut (serologisch) untersucht werden, um eine möglichst hohe Aussagekraft zu erhalten. Die röntgenologische Untersuchung stellt einen weiteren wichtigen Baustein bei der komplexen Diagnostik dieser Erkrankung dar. Auf einem Röntgenbild spricht ein erweiterter Drüsenmagen dafür, dass es sich um PDD handeln könnte. Von zugänglichen Organen (hauptsächlich Kropf, Drüsenmagen und Nebenniere) kann zur weiteren Absicherung der Diagnose eine Gewebeprobe (Biopsie) entnommen werden und nach den Viren direkt bzw. typischen durch die Viren hervorgerufenen Veränderungen (nichteitrigen Entzündungen) gesucht werden.

Virusdiagnostik bei Vorsorgeuntersuchungen

 

PBFD

Polyoma

Pacheco

Aviäres Bornavirus

Probenmaterial

Blut + Federn

Blut + Federn

Blut

Blut + Abstrich von Kropf und Kloake

Untersuchungs-methode

PCR (Virusdirekt-nachweis)

PCR (Virusdirekt-nachweis)

Serologisch
(Antikörper-nachweis)

Serologisch
(Antikörper-nachweis)+
PCR (Virusdirekt-nachweis)

(PCR = Polymerase-Kettenreaktion)

Ankaufsuntersuchungen

Eine Quarantänisierung von Neuzugängen ist äußerst sinnvoll. Jedoch können insbesondere Psittakose und Virusinfektionen in den meisten Fällen nur durch weiterführende diagnostische Maßnahmen während dieser Zeit entdeckt werden. Einen großen Stellenwert nehmen dabei Blutuntersuchungen sowie die Untersuchung von Feder- und Tupferproben (zur Virusdiagnostik meist von Kropf und Kloake) ein. Einige Viren sind direkt nachweisbar (so genannter Antigennachweis, meistens durch Polymerase-Kettenreaktion/PCR). Bei anderen Infektionen wird Blut serologisch untersucht (so genannter Antikörpernachweis). Wird während der Quarantäne eine Virusinfektion nachgewiesen, ist es sehr wahrscheinlich, dass die Vögel bereits beim Zukauf infiziert waren. Sobald die Vögel in den Gesamtbestand integriert sind, ist die Quelle möglicher Infektionen (Zukaufs- oder eigener Bestand) nicht mehr nachvollziehbar.

Bestandsuntersuchungen

Unsere Vogelbestände sind nicht hermetisch von der Außenwelt abgeriegelt (Ausstellungen, Wildvögel, etc.). Um eingeschleppte Infektionskrankheiten möglichst zeitig zu entdecken, empfiehlt sich ein regelmäßiger Check-up des Gesamtbestandes. Nur so kann größerer Schaden vermieden werden. Meistens ist es ausreichend, aussagekräftige Stichproben zu entnehmen. Es besteht außerdem die Möglichkeit, Proben zu poolen. Vögel mit unklarer Todesursache sollten im Interesse der Bestandsgesundheit pathologisch untersucht werden.

Was tun bei Nachweis einer Virusinfektion?

Eine Infektion ist nicht gleichbedeutend mit dem Ausbruch der Krankheit. Jedoch sollten Virusträger nicht in den Bestand gelangen bzw. sofort aus diesem entfernt werden. Der behandelnde Tierarzt kann am besten einschätzen, welche Maßnahmen sinnvoll sind und ob die Möglichkeit besteht, dass die Infektion überwunden werden kann. Eine Garantie gibt es hierfür jedoch nicht.

Schlussfolgerung

Gegen Viren gibt es nur in wenigen Ausnahmefällen direkt wirkende Medikamente oder Impfungen. Deshalb steht zum Schutz vor diesen Erkrankungen die Vorsorge im Vordergrund. Es sollte alles getan werden, um das Risiko der Einschleppung von Virusinfektionen in den Bestand zu minimieren. Denn die Sanierung gestaltet sich oft verlustreich, langwierig und teuer. Mit Hilfe der zur Verfügung stehenden präventiven, diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten können unsere Vogelbestände jedoch sehr gut vor gefährlichen Viruskrankheiten geschützt werden.