Polyomavirus-Infektion

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Polyomavirusinfektionen wurden in den 1980-er Jahren zuerst in Wellensittichzuchten in den USA und Kanada beschrieben und haben sich inzwischen weltweit verbreitet. Diese Krankheit wurde schnell unter dem Begriff „Französische Mauser“ bekannt. Im Laufe der Jahre wurde der Erreger bei immer mehr Papageien- und Sitticharten nachgewiesen. Bei diesen Vogelarten unterscheidet sich der Krankheitsverlauf teilweise beträchtlich von den typischen Verlaufsformen bei Wellensittichen, weist aber viele Parallelen zur Circovirus-Infektion auf. So sind auch für die Polyomavirusinfektion Federveränderungen typisch und sie zählt ebenfalls zu den häufigen und verlustreichen Virusinfektionen.

In Wellensittichzuchten tritt als erstes Symptom eine plötzlich stark erhöhte Nestlingssterblichkeit auf. Deshalb ist diese Krankheit teilweise auch unter dem Begriff „Nestlingssterblichkeit der Wellensittiche“ bekannt. Außerdem können neben Federveränderungen zusätzlich eine ganze Reihe unterschiedlichster Organerkrankungen beobachtet werden. Äußerlich sichtbar sind besonders die Veränderungen an den Schwanz- und großen Flügelfedern, wodurch die Vögel meist flugunfähig sind. Falls die Vögel überleben, wachsen nach der nächsten Mauser meist normale Federn. Daher der Name „Französische Mauser“.

In Agapornidenzuchten sind Polyomaviren (ebenso wie Circo-Viren) weit verbreitet. Die Verluste sind hier meistens geringer als bei Wellensittichen. Deshalb wird dem Problem oft nicht die nötige Beachtung geschenkt. Problematisch wird ein derartiges Infektionsgeschehen aber spätestens dann, wenn andere Papageien oder Sittiche Kontakt zu einem solchen Bestand haben. Diese Tiere sind hochgradig ansteckungsgefährdet.

Polyomavirusinfektionen bei anderen Psittaciden sind ebenfalls durch eine hohe Nestlingssterblichkeit gekennzeichnet. Besonders gefährdet sind Aras, Keilschwanzsittiche, Edelpapageien und Halsbandsittiche. Die Erkrankung tritt hauptsächlich im Alter von 2 bis 14 Wochen auf. Ohne besondere Krankheitsanzeichen sterben die Vögel meist innerhalb von 24 Stunden. Im Gegensatz zu Wellensittichen können auch ältere Vögel erkranken und zeigen dabei die typischen Federveränderungen. Todesfälle sind hier auch bei erwachsenen Vögeln noch möglich. Überleben die Vögel, wächst nach der nächsten Mauser in der Regel ein normales Gefieder. Kritisch zu bewerten ist die Tatsache, dass die meisten Infektionen subklinisch verlaufen. Das heißt: Die infizierten Vögel erkranken nicht selbst, können aber das Virus an andere Vögel weitergeben. Das Virus wird mit dem Kot, dem Schnabelsekret und mit Feder- und Hautschuppen ausgeschieden. Hauptsächlich scheiden frisch infizierte Vögel das Virus aus.  Daher stellen Nestlinge und junge Vögel die Hauptinfektionsquelle dar.

Diagnose

Der Vorbericht (erhöhte Nestlinssterblichkeit) und die typischen Federveränderungen liefern einen ersten Anhaltspunkt. Die Diagnose wird durch eine PCR-Untersuchung gesichert. Bei dieser Untersuchung werden fachgerecht entnommene Feder- und/oder Blutproben (wichtig: veränderte Federn entnehmen und kein Kontakt mit Federn anderer Vögel!) auf das Vorhandensein von Virus-DNA überprüft.

Symptomlose Vogel mit positivem Befund sollten nach 3 Monaten nachgetestet werden, da eine Elimination des Virus nach einer frischen Infektion durch das Immunsystem noch möglich ist. Natürlich sollten diese Vögel in dieser Zeit keinen Kontakt zu anderen Vögeln haben und alles dafür getan werden, dass ihr Immunsystem gestärkt wird (Stressvermeidung, optimierte Haltung und Fütterung, Gabe von Immunstimulantien).

Im Rahmen von Bestandsuntersuchungen ist es natürlich auch möglich, repräsentative Stichproben zu entnehmen und die Proben von mehreren Vögeln zu poolen, falls eine Aussage den Gesamtbestand betreffend (Nachweis der Virusfreiheit) ausreichend ist.

Bekämpfung

In einem Polyomavirus-verseuchten Wellensittichbestand sollte die Zucht für 3 bis 4 Monate unterbrochen werden. Die Nistboxen sind zu entfernen und selbstverständlich darf es keine Zugänge geben. Nach dieser Zeit ist der Bestand in der Regel „durchseucht“. Das heißt, alle erwachsenen Vögel haben sich infiziert und ihr Immunsystem hat Antikörper (Abwehrstoffe) gegen das Virus gebildet. Die Zuchtanlagen mit sämtlichem Inventar sollten vor Wiederaufnahme der Brut mehrmals gründlich gereinigt und mit einem geeigneten Desinfektionsmittel desinfiziert werden. Denn das Virus kann in der Umwelt ansonsten mehrere Monate überleben. Die Nestlingssterblichkeit geht stark zurück, da die Jungen in den ersten Wochen durch maternale Antikörper (Abwehrstoffe, die sie von der Henne erworben haben) gut geschützt sind. Danach können allerdings wieder „Renner“ oder „Hopser“ auftreten. Neu in einen solchen Bestand kommende Tiere sind ungeschützt und damit stark gefährdet. Es kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass unauffällige Tiere aus einem Polyoma-Bestand das Virus insbesondere in Stresssituationen (Ausstellung, Verkauf,…) wieder ausscheiden.

Es sollten alle neu in einen Bestand kommenden Vögel während der Quarantäne auf eine Polyoma-Infektion untersucht werden. Ausstellungsvögel sollten für 60 Tage quarantänisiert werden, bevor sie wieder in den Bestand zurückgelangen. Durch stichprobenartiges Monitoring (Feder- und/oder Blutproben) der Nestlinge eines Bestandes kann die Aufrechterhaltung des polyomafreien Bestandes überwacht werden. Einzelne Virusträger sollten aus dem Bestand eliminiert werden. Ist bereits ein Großteil des Bestandes betroffen, muss der Infektionszyklus unterbrochen werden. Die beste Methode ist das Unterbrechen der Brut. Nestlinge sollten, außer bei Agaporniden, bei den Eltern gelassen werden. Drei Monate nach dem Ende der Verluste sollten die adulten (erwachsenen) Vögel nachuntersucht werden. Wegen des starken Vorkommens der APV Infektion bei Wellensittichen, Nymphensittichen und Agaporniden sollten diese Vögel nicht mit wertvolleren Psittaciden gemeinsam gehalten werden.